Angstzustände: Ursachen und Behandlung!
Angstzustände sind in unserer Gesellschaft leider keine Seltenheit. Doch niemand muss damit für immer leben: Woher sie kommen und wie du sie behandeln kannst, erfährst du hier.
Jeder Mensch hat mal Angst – schließlich ist dieses Gefühl evolutionsbiologisch ein ungemein wichtiges! Doch wenn die Angst außer Kontrolle gerät, spricht man von Angstzuständen (im Englischen: Anxiety). Während Angst vor dem ersten Schultag, einer Präsentation, Prüfung oder anderen Stresssituation absolut natürlich ist und vergeht, sind Angstzustände oftmals irrational, langanhaltend und können uns auszehren. Leider gewöhnen sich viele Menschen an diesen Zustand, sehen ihn als „natürlichen Teil ihres Lebens“ an. Dabei sind Angstzustände behandelbar und oftmals ein Zeichen unserer Psyche, dass etwas nicht in Ordnung ist! Wir erklären dir, was Angstzustände sind, woher sie kommen und wie du sie behandeln kannst – auch mit professioneller Hilfe.
Was sind Angstzustände?
Menschen haben Angst. Das war schon immer so und wird auch immer so bleiben. Laut einer Umfrage der R + V Versicherung, haben die Deutschen vor allem vor finanziellen Nöten große Angst. Angst begleitet uns und ist zuallererst ein Schutz der Psyche. Als der Mensch noch den Gefahren der Natur schutzlos ausgeliefert war, beschützte uns die Angst vor wilden Tieren, gefährlichen Klippen und anderen Situationen, in denen wir in echter Lebensgefahr waren. Inzwischen müssen wir – gerade in Deutschland – viele dieser Situationen nicht mehr fürchten. Doch die Angst bleibt. Sie ist nun abstrakter geworden, der „Kampf oder Flucht“-Instinkt lässt sich schwerlich auf unseren Alltag in der Schule, der Uni oder im Büro übertragen.
Auch wenn es für Menschen, die unter stetiger Angst leiden, erst einmal schwierig anzunehmen ist: Angst an sich ist etwas Positives, im Mindesten nichts Negatives. Denn sie kann uns antreiben! Die Angst vor dem Versagen treibt uns dazu, für Klassenarbeiten und andere Test-Situationen zu lernen und uns vorzubereiten. Die Angst vor dem Neuen fordert uns heraus, aus unserer Komfort-Zone auszubrechen. Sie zu überwinden, kann enorme Euphorie in uns auslösen. Doch bei Angstzuständen ist das etwas anderes.
- Angstzustände sind lähmend, überwältigend und zehren uns aus. Sie können unerwartet kommen oder sich in Situationen einschleichen, über die wir jahrelang nicht einmal nachgedacht haben.
- Auf einmal ist die Bahnfahrt geprägt von einem rasenden Herzen und der Angst, ohnmächtig zu werden.
- Von ein auf dem anderen Tag können wir die Brücke nicht mehr überqueren, über die wir täglich ohne nachzudenken gelaufen sind
- Plötzlich sind Begegnungen mit neuen Menschen, über die wir uns früher so gefreut haben, nicht mehr denkbar, weil wir furchtbare Sorge haben, etwas Falsches zu sagen
Klick-Tipp
Sozialphobie?! Woran du sie erkennst und wie du sie loswirst!
Das sind nur drei von unzähligen Beispielen, Angststörungen sind so individuell wie der Mensch selbst. Und sehr verbreitet: Laut einer Studie der Universität Zürich beträgt das Risiko, im Laufe des Lebens an einer Angststörung zu erkranken zwischen 14 und 29 %. Angststörungen sind die häufigste psychische Erkrankung, heißt es auch auf der Internetseite der Deutsche Angst-Hilfe E.V. Unbehandelt können Angstzustände mit der Zeit immer schlimmer werden und verhindern teilweise, dass sich Betroffene überhaupt aus dem Haus trauen.
Formen von Angststörungen
Wie bereits gesagt: Angstzustände sind so individuell wie der Mensch, der sie erlebt. Wir alle empfinden Angst anders. Manche sehen sie als Treibkraft, andere schüchtert sie ein. So können sich auch Angststörungen sehr unterschiedlich bei Menschen äußern. Manche beschreiben das Gefühl als „Schmetterling im Bauch“, andere klagen über starkes Herzrasen oder fühlen sich wie in einem Film, in dem sie die Kontrolle über ihren Körper verlieren. Folgende Symptome sind möglich:
- Eine erhöhte Herzfrequenz
- Schnelle und unkontrollierte Atmung
- Unruhe (innerlich wie äußerlich)
- Konzentrationsschwierigkeiten
- Einschlafprobleme
- Starkes (kaltes) Schwitzen
- Unkontrollierte Muskelzuckungen
- Verdauungsprobleme
- Stetig wiederkehrende Albträume
- Unkontrollierbare schmerzhafte Gedanken
Angstzustände können, müssen aber nicht zwangsweise zu einer Panikattacke führen – gerade, wenn die körperlichen Symptome einer Angstattacke nicht einzuordnen oder vollkommen neu für die betroffene Person sind. So unterschiedlich wie die Symptome sind auch die Ursachen für solche Angstzustände.
Klick-Tipp:
Panikattacke: Wie du eine Angststörung in den Griff bekommst
Woher kommen Angstzustände?
Es gibt (leider) nicht den einen Ursprung, der bei allen Menschen zu Angstzuständen führt und gleich behandelbar ist. Aus diesem Grund gibt es unterschiedliche Ansätze, woher die Angstzustände kommen könnten.
- Beim psychoanalytischen Ansatz wird davon ausgegangen, dass der Mensch nie gelernt hat, auf gesunde Weise mit Angst umzugehen. In Konflikt- oder Stresssituationen ist er dann mit der Angst überfordert und es folgen überwältigende und nicht zu kontrollierende Angstgefühle.
- Beim neurobiologischen Ansatz ist die Theorie, dass das Nervensystem bei bestimmten Menschen labiler ist als bei anderen. In triggernden Situationen reagieren diese Menschen dann viel heftiger und besonders schnell mit Angst.
- Der verhaltenstherapeutische Ansatz geht davon aus, dass die Angststörung angelernt ist. Wer eine traumatische Erfahrung erlebt, zum Beispiel eine Nahtoderfahrung oder einen Unfall im Auto, reagiert zukünftig eher mit Angst, wenn er*sie fährt oder sogar nur im Auto sitzt.
Unterschiedliche Situationen können Angststörungen auslösen. Hierbei kommt es immer darauf an, was in der Situation alles zusammenkommt. Ein Mensch, der beispielsweise auf Menschenmengen und enge Räume ängstlich reagiert, ist vielleicht in einem leeren Zug etwas angespannt, kann aber schnell Angstsymptome entwickeln, sobald der Zug voll mit Menschen ist. Hinzu kommen weitere Faktoren wie:
- Andauernder Stress
- Alkohol und/oder Drogen
- Medikamente
- Körperliche Krankheiten (bspw. Über- oder Unterfunktion der Schilddrüse)
- Herzkrankheiten
- Selten auch Krankheiten im Gehirn (Tumor)
Behandlung von Angststörungen
Das Wichtigste vorweg: Angststörungen können behandelt werden! Niemand muss das ganze Leben damit herumlaufen, niemand muss Dinge, die früher Spaß brachten und heute nur noch Stress erzeugen, für den Rest des Lebens meiden. Je nach Ausmaß und Zeitraum, in dem die Angststörungen dich begleiten, kannst du selbst schon Dinge tun, um ein wenig selbst wieder ins Gleichgewicht zu kommen. Doch es ist wichtig, Hilfe anzunehmen, wenn du selbst nicht weiterkommst.
Hier sind ein paar Tipps, wie du (vergleichsweise) milde Angstsymptome in den Griff bekommen kannst:
Stress-Management: Es gibt Techniken und Wege, deine Stressresistenz zu stärken. Du kannst beispielsweise versuchen, Dinge, von denen du weißt, dass sie dich triggern, zu meiden. Wer weiß, dass er*sie nicht gut mit Abgabestress umgeht, kann sich zum Beispiel angewöhnen, früher mit der Vorbereitung anzufangen. Wer vor großen neuen Aufgaben steht, kann diese in kleine Listen herunterbrechen, die einzeln angegangen und abgehakt werden können. Und: Pausen sind wichtig! Gönne sie dir und lass dich darauf ein. Kein Mensch kann durchgängig nur funktionieren.
Klick-Tipp:
Prüfungsangst überwinden: Die 10 besten Tipps!
Techniken aneignen zum Entspannen: Ein schönes Bad, ein langer Spaziergang, Mediation, Yoga, Atemübungen etc. Es gibt unzählige Möglichkeiten und kleine Rituale, bei denen du entspannen kannst. Versuche, diese in deinen Alltag einzubringen. Beachte dabei, dass jeder Mensch individuell ist – was für die eine Person ein super Ritual ist, muss dir nichts bringen. Höre hierbei auf deine Bedürfnisse.
Achtsamkeit und positives Denken: Positiv denken ist einfacher gesagt als getan. Doch wie bei vielen Dingen ist auch das am Ende eine Übung. Wir haben 10 Tipps gesammelt, mit denen du dein Gehirn um trainieren kannst, sodass du dich leichter auf die guten Seiten im Leben konzentrieren kannst.
Teile deine Ängste und Sorgen mit deinen Mitmenschen: Ein soziales Netzwerk ist generell sehr wichtig – gerade aber, wenn du mit Angststörungen zu kämpfen hast! Du musst deine Ängste und Sorgen nicht allein mit dir herumtragen, auch nicht, wenn sie dir vielleicht albern vorkommen. Sie auszusprechen kann eine sehr heilende Wirkung haben. Schau auch, ob es in deinem Umfeld Selbsthilfegruppen gibt, bei denen du dich melden kannst.
Sport: Bewegung hilft. Das ist sogar wissenschaftlich bewiesen, weswegen sportliche Aktivitäten inzwischen in die Leitlinie zur Behandlung von Angststörungen aufgenommen wurde! Ob nun Laufen, Fußball, Yoga, Badminton etc., alles hilft – in Maßen. Erschrick nur nicht, wenn du deine körperlichen Symptome (Herzrasen, Schweiß, schwere Atmung) erst einmal falsch einschätzt – bisher kanntest du sie ja vielleicht nur durch deine Angstattacken. Tatsächlich müssen viele erst einmal lernen, dass es sich dabei um ganz natürliche körperliche Reaktionen auf Bewegung handelt, die absolut unbedenklich sind (wie gesagt: Solange du beim Sport nicht übertreibst, ein Schritt nach dem anderen 😊).
Achte auf deine Ernährung: Ein gesunder Körper hält sich mit Warnsignalen zurück – wer Dinge wie fettiges Essen, Koffein und Alkohol meidet, dem wird der Körper durch Schweigen dankbar sein.
Genug Schlaf: Wie viel Schlaf nun wirklich gesund ist, da scheiden sich die (wissenschaftlichen) Geister. Manche schwören auf sechs, andere brauchen mindestens 8 Stunden Schlaf, um sich fit und erholt zu fühlen. Wichtig ist vor allem die Regelmäßigkeit, also möglichst zur selben Zeit aufzustehen und ins Bett zu gehen. Rituale geben nicht nur dem Geist, sondern auch dem Körper Sicherheit.
Hilfe suchen bei Angststörungen
Es ist absolut in Ordnung und sogar sehr gut und wichtig, wenn man sich Hilfe holt. Wie gesagt: Du musst deine Angst nicht aushalten, du musst auch nicht lernen, damit zu leben. Sicher ist es wichtig, generell zu akzeptieren, dass man mal Angst hat und sich nicht dagegen zu stellen. Doch um Angstzustände in ihrem Ursprung zu behandeln, ist nicht selten die Hilfe von medizinischem Personal notwendig. Zunächst solltest du ein Gespräch mit deinem*deiner Hausarzt*Hausärztin führen. Durch Untersuchungen kann festgestellt werden, ob es sich bei deinem Leiden um eine körperliche Erkrankung handelt oder nicht. Sollte sie psychisch sein, kannst du eine*n Therapeut*in oder Psychiater*in aufsuchen. Eine finale Diagnose kann nur das medizinische Personal stellen, deswegen solltest du selbst – wenn du dich bereit fühlst – die entsprechenden Schritte in die Wege leiten.
Bei akuten Fällen und Krisen kannst du dich bei einem Krisendienst in deiner Nähe melden. Auch die kostenfreie Telefonseelsorge steht bei akuten Problemen jederzeit zur Verfügung unter der 0800 / 111 0 111