Michael Jackson: Gefährlicher Videodreh!
Militär-Polizei, Ghetto-Gangster und ein wütender Gouverneur - hochexplosive Stimmung beim Videodreh zu "They Don't Care About Us" in den Slums von Rio. BRAVO Reporter Alex Gernandt erlebte alles hautnah mit!
Michael Jackson war kein Superstar, der es sich gern bequem macht. Um seine Botschaft rüberzubringen, ging er auch dahin, wo es wehtut, dahin, wo es gefährlich ist. In diesem Fall sogar sehr gefährlich!
Wir sind beim Videodreh zu "They Don't Care About Us", Michaels Protestsong gegen soziale Ungerechtigkeit und Armut. Der Text ist eine bittere Anklage gegen Politiker, die nichts tun, um dieses Elend zu beseitigen.
Drehort: Die Dona Marta Favelas in Rio de Janeiro, Brasilien, eines der gefährlichsten Ghettos der Welt! 12.000 Menschen leben hier auf engstem Raum in primitiven Hütten. Elektrisches Licht und fließendes Wasser - Fehlanzeige. Jacksons Anwälte hatten im Vorfeld ihm gegenüber größte Bedenken geäußert, hier zu drehen. Doch Michael ließ sich durch nichts und niemand davon abbringen.
Auch der Gouverneur von Rio, Marcello Alencar, versuchte, den Dreh mit allen Mitteln wie etwa Einreiseverweigerung für MJ und die Filmcrew zu boykottieren. Er wollte nicht, dass durch Michael Jacksons Video die weltweite Aufmerksamkeit auf die sozialen Missstände in seiner Stadt gelenkt wird, in der es zu dieser Zeit pro Woche 30 Morddelikte gab. Nachdem Fußball-Legende Pelé zugunsten von Michael interveniert hatte, konnte der Dreh schließlich doch stattfinden.
Regie führte der New Yorker Spike Lee ("Malcolm X", "Do The Right Thing", "Mo? Better Blues"). Er hatte eine clevere Idee, die maßgeblich zur Sicherheit während der Dreharbeiten beitrug: Alle männlichen Slumbewohner ab 18 Jahren, viele von ihnen Drogendealer und mehrfach vorbestraft, wurden als Securitykräfte verpflichtet. Sie bekamen 50 Dollar und T-Shirts mit der Aufschrift "Michael Jackson Security". Somit fühlten sie sich geehrt. Der simple Trick funktionierte. In dem brandgefährlichen Ghetto, das Touristen in jedem Fall meiden sollten, blieb es ruhig.
Zusätzlich geschützt durch Militär-Polizei landete Michael gegen Mittag mit einem Helikopter, da die Dona Marta Favelas auf einem Hügel über der Stadt liegen. Der Ausblick von da oben ist grandios: Rechts der Berg Corcovado mit der riesigen Jesus-Christus-Statue, vorn das weite Meer, die berühmten Strände, der Zuckerhut und die Skyline von Rio.
Schon bei seiner Ankunft jubelten die Slumbewohner Michael euphorisch zu. Ein Junge hatte zur Feier des Tages ein weißes Badehandtuch mit "Bad"-Motiv aus dem Fenster gehängt. Michael kraxelte die unebenen Treppenstufen runter zur Krankenstation der Favelas, die ihm als Garderobe diente. Dann begann der Dreh.
Die Kameras liefen, aus Lautsprecherboxen dröhnte der harte Beat von "They Don't Care About Us". Der Sound war jedoch kaum zu hören, da in nur 60 Meter Höhe drei Helikopter mit TV-Paparazzi über dem Drehort kreisten. Michael ließ sich davon jedoch nicht irritieren.
Nachdem die Szene mit Jackson-Double Derek Morgan (28) eingeleuchtet war, erschien MJ in Jeans und weißem T-Shirt mit Olodum-Logo und Peace-Zeichen und rockte auf einer grauen Betonplatte, einer Art Terrasse los. Immer wieder ballte er die Faust Richtung Kamera, sang dazu mit aggressiver Mimik: "Hit me, kick me, you can never get me. All I wanna say is that they don't really care about us . . ." Am Ende dieser Szene zerriss er sich sein T-Shirt - eine symbolische Geste der Befreiung, die von den herumstehenden Schaulustigen bejubelt wurde. Zwischen Takes winkte er den Slumbewohnern zu, schüttelte ihre Hände, ließ sich von ihnen feiern.
In einer Drehpause, Michael wurde gerade von Visagistin Karen Faye nachgeschminkt, durfte ich zu ihm. Als er mich entdeckte, nahm er Karen blitzschnell den Make-up-Schwamm ab und fuhr mir damit quer übers Gesicht. Ich war verdutzt - er lachte sich halb tot. Dann umarmte er mich herzlich wie einen Freund. "You came all the way from Germany just to see me?", fragte er ungläubig. Und das meinte Michael wirklich so! "Es ist eine Ehre für uns, hier dabei sein zu dürfen", entgegnete ich ihm. So ist Michael - einfach unglaublich!
Der zweite Teil der Dreharbeiten fand in der Hafenstadt Salvador Da Bahia im Nordosten Brasiliens statt. Wieder war eine Hundertschaft Militär-Polizei am Start, um Michael zu schützen. Zunächst performte Michael in der Altstadt auf dem Balkon eines himmelblauen Hauses am Platz Largo de Pelourinho, danach tanzte er zusammen mit den Drummern der Gruppe Olodum durch die Straßen.
Plötzlich schaffte es eine Frau, die Polizeisperre zu durchbrechen. Sie stürmte auf Michael zu, fiel ihm begeistert um den Hals. Dabei verlor er das Gleichgewicht und ging zu Boden. Doch sofort raffte er sich wieder auf, schloss die glückliche Frau in seine Arme und rockte dann voller Power weiter. Und so nahm Michaels gefährlichster Videodreh noch ein gutes Ende . . .
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